Nachdem der Wohnmarkt 2021 noch von starken Überkapazitäten in peripheren Lagen geprägt war, hat sich die Situation 2022 landesweit entspannt. Die Leerstandsquote stieg nur noch in den Regionen Fribourg und Schaffhausen weiter an. In allen anderen Regionen sank sie oder stabilisierte sich. Angekurbelt wird die Nachfrage durch das hohe Bevölkerungswachstum, das von der weiterhin starken Zuwanderung gestützt wird: Zwischen Januar und Juni 2022 betrug der Wanderungssaldo der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung rund 38 000 Personen (Vorjahresperiode: rund 26 000 Personen). Hinzu kommt die Zuwanderung von Geflüchteten insbesondere aus der Ukraine. Ein weiterer Faktor für den steigenden Wohnraumbedarf ist die zunehmende Überalterung und Singularisierung der Gesellschaft.
Angebotsseitig führt der Rückgang der Neubautätigkeit zu einer zunehmenden Wohnungsknappheit – einerseits als Resultat der teils drastischen Leerstände an peripheren Lagen der letzten Jahre. Andererseits war die Erstellung von Mehrfamilienhäusern für viele Entwickler zuletzt weniger attraktiv, weil die hohe Baulandnachfrage zu einer Verknappung verfügbarer Parzellen und zu steigenden Bodenpreisen führte. Zudem zogen 2022 auch die Baupreise deutlich an. Hinzu kommt, dass mit der Zinswende festverzinsliche Anlagen wieder mit attraktiven Renditen winken, was den Anlagedruck im Immobiliensektor schmälert. Für Regionen mit bereits bisher knappen Wohnmärkten wie etwa Zürich, Zug, Winterthur und Genf bedeutet die schwächelnde Bautätigkeit jedoch zunehmende Engpässe, die mitunter drastisch steigende Mietzinse und die Verdrängung finanzschwacher Mieter in Richtung Peripherie zur Folge haben dürften.
Vor diesem Hintergrund sind auch die in den grossen Städten wie Basel, Genf und Zürich zunehmenden politischen Regulationsbestrebungen für Neubauten, Ersatzneubauten und Sanierungen einzuordnen. Auch im Eigentumssegment ist der Nachfragedruck spürbar: Zwar hat das Finanzierungsumfeld mit dem Anstieg der Hypothekarzinsen an Attraktivität eingebüsst. Viele private Immobilienkäufe sind jedoch nicht wirtschaftlich, sondern emotional getrieben. Daher ist die Zahl der Kaufinteressierten insgesamt nach wie vor grösser als das verfügbare Angebot. Entsprechend hochpreisig blieb 2022 das Niveau der Kaufabschlüsse für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser – obschon das Preiswachstum der letzten Jahre abflachte und kaum mehr Phantasiepreise bezahlt wurden. In ländlichen Regionen und an weniger attraktiven Standorten hingegen konnte per Ende Jahr ein markanter Nachfragerückgang beobachtet werden, wodurch die Preise dort extrem unter Druck gerieten.